WOHNHAUS
DR. SCHEUER, Feldkirchen/Donau
Der Standard, 13./14. April 2002
Zwischen
dem Dorf und der Weite der Felder", von Franziska Leeb
Eher als kleines Ensemble denn schlicht als Haus zu bezeichnen ist das
Refugium einer Familie in Feldkirchen an der Donau in Oberösterreich,
das sich gut in die Struktur des Ortes einfügt. Der Bauplatz: ein lang
gestrecktes Grundstück mit Obstbaumbestand zwischen Bauernhöfen. Die Bauaufgabe:
ein Wohnhaus für eine Ärztefamilie mit umfangreichem Raumprogramm und
Schwimmbad. Die Schwierigkeit: rund 400 Quadratmeter Nutzfläche so unterzubringen,
dass das entstehende Bauvolumen sich gut in die Umgebung integriert. Bei
landwirtschaftlichen Gehöften ist es üblich, die einzelnen Funktionen
wie Wohnen, Viehhaltung, Vorratsräume und Geräteschuppen in eigenen Gebäudeteilen
unterzubringen. Diese Gliederung kennzeichnet Hakenhöfe in geschlossenen
Bauweisen, wie sie etwa in den Dörfern des niederösterreichischen Weinviertels
üblich sind ebenso wie Höfe im lockeren Gebäudeverband, die man aus den
hügeligeren Gegenden Österreichs kennt. Dieses Gliedern in Funktionsbereiche
ist zwar relativ flächenintensiv, hat aber - neben praktischen Gründen
- den Vorteil, dass sich die Bauten sanfter in den Landschaftraum einfügen
als wuchtige Typen, bei denen alle Funktionen unter einem Dach vereinigt
sind. Vergleichbar mit diesen Gehöften plante Architekt Gerhard Fischill
in Zusammenarbeit mit Architekt Josef Schütz ein Haus, dessen Masse sich
durch geschickte Strukturierung der ländlichen Situation anpasst. Das
unterkellerte Wohnhaus - ein Lichthof unterbindet jede Kellerstimmung
- wird nach oben schmäler. Das breitere Erdgeschoß ist als Wohnzone ausgebildet,
die sich über raumhohe Öffnungen und Terrassen in den Garten ausbreitet.
Darüber liegen die privaten Zimmer in einem archetypisch wirkenden schlichten
Geschoß mit Satteldach. Flankiert wird das Wohnhaus von einem niedrigen
verputzten Garagengebäude. Zu den Feldern hin begrenzt das Badehaus mit
vorgelagertem Swimmingpool das Ensemble. Ein bestehender holzverkleiderter
Schuppen im Süden des Wohnhauses ist ein weiterer Mitspieler in diesem
Ensemble. Um räumliche Anbindungen herzustellen, Grenzen zu ziehen und
Bezüge anzudeuten, greifen Mauern bzw. nach Osten eine Wand aus Metalllamellen
in den Gartenraum aus. dadurch werden Höfe ausgebildet und der Außenraum
wird in wohnliche Plätze gegliedert, die, bei aller Weitläufigkeit und
Offenheit zum Umfeld hin, Geborgenheit und Sichtschutz bieten. Das Innere
ist nicht nur großzügig und praktisch auf die Bedürfnisse eines großen
Haushaltes abgestimmt, sondern auch ein Musterbeispiel an kunstvoller
Tektonik bis ins kleinste Detail. In einer handwerklichen Präzision und
Sorgfalt wie man sie selten findet sind Fenster- und Türrahmen, Schränke
und Deckenleuchten oder auch die Kaminnische im Wohnzimmer fein säuberlich
in die undekorierten weißen Wände eingefügt. Grundsätzlich handelt es
sich um eine konventionelle Abfolge von konventionellen Wohnfunktionen.
Im Gesamten wirkt das Wohnhaus aber als ein komplexes Gefüge von Scheiben,
Ebenen und Durchbrüchen. Ebenso raumbildend ist das Tageslicht, das sich
von zwei Lichtkaminen am First in die Tiefe ergießt. Jede zusätzliche
Applikation müsste schon von höchstem künstlerischem Wert sein, um in
dieser Symphonie architektonischer Elemente bestehen zu können. Aber das
Bedürfnis, noch etwas hinzufügen zu müssen hat ohnedies niemand. Schließlich
vermittelt das Haus bei aller Strenge im Detail ein Gefühl von großer
Freiheit im Bewohnen. Für Abwechslung sorgen die Familie und ihre Besucher
selbst und auch der Wechsel der Jahreszeiten, der durch den starken Bezug
zum Obstgarten im Haus präsent ist.
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