WOHNHAUS
DR. SCHEUER, Feldkirchen/Donau
OÖNachrichten ArchitekTour", 14.Februar 2002
Bauen im ländlichen Raum braucht keine Protzerei", von Romana
Ring
Der moderne
Mensch liebt die Idylle - so sehr, dass er sich kaum zurückhalten kann,
sie zu zerstören. In den entlegensten Weilern noch finden sich gebaute
Beweise brutalen Unverstandes, die umso mehr schmerzen, als ihre Umgebung
vor Augen führt, was wir trotz allen Wissens und allen Wohlstands kaum
mehr zu Stande bringen: den Umständen angemessen zu bauen. Dass die Angemessenheit
des Bauens im ländlichen Raum nicht Ausdruck landwirtschaftlich geprägter
Lebensform sein muss, beweist ein Anwesen, das der in Puchenau ansässige
Architekt Gerhard Fischill in einer kleinen Ortschaft im Gemeindegebiet
von Feldkirchen an der Donau errichtet hat. Der unregelmäßige Zuschnitt
des Grundstückes, die - auch hier punktuell bereits verdorbene - unprätentiöse
Heterogenität der Nachbarhäuser und nicht zuletzt die Lage am Rand des
fruchtbaren Ackerlandes haben Gerhard Fischill bewogen, eine Anlage zu
entwerfen, die als Zusammenspiel von Innen- und Außenräumen die Wertschätzung
der Bauherrschaft für den Standort ihres Hauses wiederspiegelt. Diese
ging bis zum Schutz der vorgefundenen Obstbäume, eine für den Planer nicht
unbedingt einfache Vorgabe, die das Ergebnis jedoch um ein positives Element
bereichert hat. Das Hauptgebäude, ein schlichter länglicher, weiß verputzter,
mit einem Satteldach gedeckter Baukörper, weist der Straße im Westen seine
Stirnseite zu. Die Gartenmauer fasst aus der Fassade laufend in den Raum.
Ein stehendes Fensterformat im ersten Stock, ein liegendes im Erdgeschoß
- von einer Lamellenkonstruktion verhüllt und in den Garten greifend -
ein Edelstahlkamin: das Bild ist perfekt komponiert. Keine Spur von vulgärer
Protzerei. Ein ebenerdiger Flügel erweitert das Raumangebot des Wohnhauses
im Erdgeschoß. Im Norden ist ihm die Garage mit einem Vorplatz zur Seite
gestellt. Dazwischen liegt ein Wirtschaftshof, der von einer Mauer und
einem Wandschirm aus Lamellen aufgefangen in den Garten übergeht. Das
Badehaus mit dem vorgelagerten Bassin markiert die nordöstliche Ecke des
Garten während die Weite der Felder durch den Filter der Obstbäume über
die Terrasse und durch die Verglasung der Wohnräume bis ins Haus zieht.
Das Gebäude ist sehr pragmatisch angelegt: Die Räume gehen fließend ineinander
über, doch kann das Haus mittels raumhoher Schiebe-Elemente im Erdgeschoß
zur Gänze in einen vom Haupteingang zu betretenden "offiziellen" und einen
"familiären" Bereich getrennt werden. Letzterer ist über einen Eingang
vom Wirtschaftshof erreichbar, wie auch die Hauswirtschaftsräume im durch
Lichtbrunnen erhellten Untergeschoß durch eine Stiege aus dem Garten erschlossen
werden. Den beiden Polen des Hauses ist jeweils ein Herzstück eingeschrieben:
die Küche dem Essbereich, eine Feuerstelle dem Wohnzimmer, beide stilsicher
in jener Perfektion und Schlichtheit gestaltet, welche die Anlage bei
aller Zwanglosigkeit weit über den gestalterischen Anspruch des Durchschnittes
hebt. Das Einfache als Ergebnis vielschichtiger Überlegungen - in Kenntnis
der Wirkung von Zeichen, Farben, Materialien, Lichtstimmungen und Proportionen
angestellt - verleugnet sich selbst an keiner Stelle als Produkt einer
hoch kultivierten Lebensweise. Doch ebenso wenig spottet es der Natur.
ARCHITEKT
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