BIBLIOTHEK BORG-HAK PERG, OÖ.

OÖNachrichten „ArchitekTour”, 30. August 2001
„Eine Bibliothek als plastischer Behälter des Wissens”, von Romana Ring

Gelungene Architektur macht am Gartenzaun nicht halt. Sie greift ordnend in den Raum
und interveniert auch dort, wo andere säumig sind. Als Gerhard Fischill, Architekt in
Puchenau, mit dem Zubau einer Bibliothek für zwei Schulen - das BORG und die HAK
in Perg - beauftragt wurde, erkannte er nicht nur das gestalterische Defizit des
zukünftigen Bauplatzes, sondern auch dessen großes Potenzial.
An den Grenzen zwischen den beiden Schulhöfen gelegen und von einem Schuppen
eingenommen, bietet die Stelle eine Vielzahl von Möglichkeiten: das Schließen der
Hofräume, das Schaffen räumlicher Zusammenhänge zwischen den Schulen und nicht
zuletzt das Einbeziehen des Straßenraumes und des darin fließenden Verkehrs.
Um diese Möglichkeiten im wirtschaftlich knappen Rahmen eines öffentlichen Bau-vorhabens zu nutzen, bedarf es einigen Engagements. Auch seitens der Bauleitung,
welche Klaus Puchberger für das Land Oberösterreich wahrgenommen hat.

Der Neubau ragt im Obergeschoß als eingeschoßiger, weiß verputzter Baukörper über
rechteckigem Grundriss aus der langen Front des winkelförmig angelegten BORG-
Gebäudes Richtung Straße. Das darunter liegende Geschoss ist als Unterstand für
Fahrräder und Geräte zur Gänze aus Sichtbeton. Fischill hat es zu einer plastischen
Komposition aus Scheiben, Balken und Säulen geformt, die eine durchlässige Grenze
zwischen den drei Außenräumen BORG, HAK und Straße bildet. Der jeweils nach der
Vorgabe der Nutzung sich verdichtende und wieder entspannende Rhythmus der Elemente signalisiert abwechselnd Offenheit und Rückhalt, und an jeder Stelle die Ablöse der Beliebigkeit durch den Willen zur Gestaltung. Dieser umfasst auch die bisher lieblos
an der Hausmauer abgestellten Autos, die Bushaltestelle und selbstverständlich auch
die Birken, die jetzt nicht mehr wie zufällig vom Wind angeweht hier stehen.

Die Bibliothek selbst ist - unpathetisch, aber durchaus deutlich - der eine große Raum,
ein Behälter des Wissens. Aus einem ehemaligen Klassenraum des BORG sich nach
außen stülpend, ist sie an der Südseite zur Gänze verglast, wobei Sonnenschutzlamellen
die zarte Fragilität dieser Fassade eigentlich erst formulieren. Eine Fragilität, welche die
geschlossene Nord- und Westseite mit ihrer gut ablesbaren Massivität wirkungsvoll
kontrastiert.
Der Übergang zwischen Alt- und Neubau ist auch an der Nordseite verglast und wird von einer außen liegenden Stiege zusätzlich erschlossen. Der hier entstandene Platz mit
Blick auf beide Höfe ist als Schlüsselstelle des Bauwerkes folgerichtig mit dem Empfangs-
pult belegt.

Die sorgfältig ausgedachten Bücherregale aus hellem Holz bewahren durch ihre ohne
Aufstiegshilfen zu bewältigende Höhe den Eindruck des lichtdurchfluteten Raumes. Sie
bilden kleine Kojen, deren kontemplative Stimmung das Licht, welches aus den ihnen
jeweils zugeordneten, bündig neben der Nordwand nach oben führenden Lichtkuppeln
fällt, sanft unterstützt.


ARCHITEKT
DI GERHARD FISCHILL
 TOBERSBERGERWEG 6
 4040 LINZ, AUSTRIA
T/F +43 732 22 13 38
office@fischill-architekt.at