LANDESKINDERKLINIK LINZ

OÖ. Kulturbericht, April 1997
„Reflexion in der Moderne”, von Walter M. Chramosta


Das neue Ausbildungszentrum erhellt die Linzer Kinderklinik in betonter Sachlichkeit.

Daß es den besseren Bauten der fünfziger Jahre gelungen ist, den während des
Ständestaats und des 2. Weltkriegs verlorenen Faden der architektonischen Moderne
wieder aufzunehmen, wird neuerdings wieder bewusster, da sich die Architektur forschung zunehmend der Nachkriegszeit annimmt und größere Umbauten notwendig werden.
Das Kinderspital in der Linzer Krankenhausstraße, erbaut 1951-56 von Karl Rebhahn,
ist eine solche sachlich-disziplinierte, wenn auch unspektakuläre und weithin unbekannte
Leistung, die aber zuletzt durch zwei Zubauten in den Blickpunkt des öffentlichen
Interesses geraten ist.

Die Architekten Rüdiger Stelzer & Walter Hutter haben mit Gerhard Fischill den bereits
zuvor veränderten Komplex um ein Ausbildungszentrum und einen Trakt mit Intensiv-
versorgung, Operationssälen etc. vermehrt. Der ruhige Hauptbau aus den
Fünfzigern wird nun von stark gegliederten Nebentrakten gerahmt und - in positivem
Sinn - konkurrenziert. Die Entwerfer nähern sich dem Bestand insofern mit Respekt, als
sie eine Architektur vorstellen, die gediegen im Detail, rational in den Gestaltungsmitteln,
funktional im Konzept ist, kurzum modern genannt werden kann.
Es existieren heute gewiss riskantere Spielformen neomoderner Architektur, es gibt
bedeutendere Bauten der Moderne in Oberösterreich als das Rebhahnsche Kinderspital,
aber an dem bereits 1996 fertiggestellten Ausbildungszentrum überzeugt die
Verwandtschaft zwischen Überkommenem und jüngst Erdachtem. Das Neue reflektiert
die benachbarte historische Moderne und radikalisiert in mancher Facette, also ohne
Überforderung der Nutzer, die heute allgemein latente, moderate Modernität. Die
bauliche Vorgabe, insbesondere aber die öffentliche Aufgabe, erfordert den intensiven
Einsatz von Architektur.

Stelzer/Hutter/Fischill geben folgerichtig klare Raumbekenntnisse ab, die jedem
Betrachter einprägen werden, daß gestalteter Raum kein Luxus, sondern eine
unerlässliche Facette einer ambitionierten Nutzung ist. Städtebaulich drückt sich das
Ausbildungszentrum mit scharf geschnittenen, weißen Volumen als Sitz zeitgemäßer
Kompetenz aus. Die Eingangssituation ist deutlich und einladend, die Zwecke des Hauses
für Lehre und Begegnung drücken sich schon in den Baumassen, etwa den auskragenden
Hörsälen, aus. Die glasgedeckte Halle ist das repräsentative Zentrum des Zubaus, von
dem alle Räume übersichtlich erschlossen werden. Die Grundschulsituation ist mit 
architektonischen Mitteln so aufgewertet, dass man sich eher in einer Universität oder
postgradualen Akademie wähnt. Wenn noch immer bewiesen werden muss, dass auch mit sparsam eingesetzten Mitteln eine reifere Architektur erreicht werden kann, die dem Bauherrn gute Nachrede sichert, dann bietet sich hier für die im Spitalswesen noch immer zahlreichen Anhänger der architektonischen Belanglosigkeit Eindrückliches.


ARCHITEKT
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